Eigentlich müsste man den Abend gestern als klassischen „Fail“
bezeichnen. Wollten Tina und ich doch in "Metropolis" mit musikalischer
Untermalung im "Tilsiter in Pompeji" gehen. Nun, wir waren auch im Tilsiter, aber
eben nicht im Pompeji. Tilsiter
istn
Kino, Pompeji istn
Freilicht-Kino! Das fiel uns aber erst viel zu spät auf.. So guckten wir dann einfach den dort laufenden Film, „Bruderschaft“,
ein sehr, sehr toll fotografierter dänischer Film über schwule Nazis, im Original
mit Untertitel. Nungut, nun aber zum heutigen Tage:
Eine Stadt aus Plastik. So fühlt es sich ein bisschen für
mich an. Ganz das doofe Klischee und heute habe ich dann auch dem entsprechend
mal so richtig einen auf Touri gemacht. Also gut, der klassische Touri fährt
vermutlich nicht mit einem grünen, ziemlich alten Damenrad quer durch Berlin, andererseits
wollt ich wenigstens bei dem schönen Wetter die obligatorischen
Sehenswürdigkeiten von Mitte besuchen.
Angefangen hat der Tag trotzdem erstmal hier mit einer kleinen
Runde durch den „spießigen Teil von Kreuzberg“, wie es meine liebe Schwester
gestern so schön umschrieb. Es galt eine Fahrradpumpe zu finden, die Reifen
waren echt definitiv zu wobbelig. War auch kein Problem einen Fahrradladen zu
finden, der recht günstige Pumpen hatten. Da ich mich in Kreuzberg aber nun nicht
so wahrlich gut auskenne, machte ich mich dann doch mal auf, der Beschilderung
folgend, gen Berlin Mitte. Ich hielt mich grob an einen großen Heißluftballon,
mit dem man sich die Stadt von Oben ansehen kann und trudelte plötzlich an
einer Ecke vorbei, die ich gestern auf der Herfahrt schon einmal gesehen hatte.
Dort ist eine Freiluft-Ausstellung namens „Topografie des
Terrors“, die sich mit der NS-Zeit zwischen 1933 und 1945 in Berlin
beschäftigt. Der Ort der Ausstellung ist dazu doppelt geschichtsträchtig,
eingerahmt von einem Stück original Berliner-Mauer, in den Überresten der
Keller des „Reichshauptamtes SS“. Viel ist von dem Gebäude nichtmehr übrig,
nachdem es im Krieg zerbombt und später gesprengt worden war, jedoch ein gutes
Stück Pflaster und Teile der Keller-Fundamente.
Die Ausstellung war mit vielen echt sehr interessanten Fotos
gespickt, natürlich auch der Machtclique rund um Hitler, aber auch vieler
Einzelschicksale von Berliner Bürgern. Die Infos dazu waren größtenteils
angenehm knapp gefasst, wobei ich mir manchmal gewünscht hätte, gleich die
Wikipedia zur Hand zu haben, um näheres zu erfahren.
Von dort ging es weiter der Nase nach und es führte mich zum
Holocaustdenkmal. Einiges an Berlin kannte ich schon von früheren Besuchen
hier, dieses war jedoch auch für mich neu.
Glücklicherweise war es von dort nun auch nur noch ein
Katzensprung bis zum Brandenburger Tor. Am Holocaust-Denkmal waren schon recht
viele Leute unterwegs, wobei sich diese noch ganz gut über die schiere Größe
eben jenes verteilten. Am Brandenburger Tor dagegen stauten sich sinnbildlich
die Touristen, dazu haufenweise „moderne Gaukler“, angemalte NVA-Soldaten und
sogar auch (ich glaube es jedenfalls) ein Lenin.
Radel, radel, radel unter den Linden entlang, wusste ich gar
nicht so recht, wo es mich als nächstes hin verschlagen sollten. Ein großes
Gebäude zur linken stellte sich als die „Neue Wache“ herraus, mit ein bisschen Vorbereitung
(oder allgemein ein wenig Bildung.. hähä) hätte ich das vermutlich vorher
wissen sollen, aber gut, auch dort mal reingeschaut.
Dann fiel mir auf, dass ich, wenn ich schon in der Nähe des
Brandenburger Tores war, es total verrafft hatte, wenigstens nochmal beim
Reichstag vorbei zu gucken. Also unter den Linden wieder zurück und spontan auf
das ZDF-Hauptstadt-Studio gestoßen! Konnte ich mir dann natürlich auch nicht
nehmen lassen, dort in den Innenhof zu schauen, von wo das Morgen-Magazin (MoMa!
Jeah!) produziert wird. Auf meine dazu passende ZDF-Fahrradfahr-Mütze sprach
mich aber niemand an.
Also nochmal unter dem Brandenburger Tor hindurch und vor
den Reichstag. Spektakulär unspektakulär irgendwie.. vielleicht bin ich aber
auch einfach nur kein guter richtiger Tourist.. (Zweiblum hätte da sicherlich
einiges zu meckern..). Was meine Aufmerksamkeit jedoch erregte war eine,
beziehungsweise besser gesagt zwei Demos, die direkt nebeneinander im
Regierungsviertel von statten gingen. Eine fundamental-christliche Anti-Abtreibungs-Demo,
inklusive amerikanischer proLife Liedermacher („We are the light! We have to fight Darkness, because
Darkness is only the abscence of Light.. bla, bla, bla, was ein
idiotischer Schwachfug! Müssen wir nicht weiter drüber reden, glaube ich..)
Nebenan aber gleich die dazugehörige Gegenkundgebung und als
dort plötzlich nach einer Rede, in epischer Lautstärke von Monty Python „Every
Sperm is sacred“ lief, konnte ich mir ein breites Grinsen absolut nicht verkneifen.
Für mich ging es ein wenig an der Spree entlang, vor dem
Berliner Hauptbahnhof vorbei wieder Richtung Mitte, quer über einen Flohmarkt,
wobei es dort auch nur die tollen, klassischen Flohmarkt-Goodies gab..
So langsam wollte ich mich wieder gen Kreuzberg machen, da
ich mich bis dahin immer noch nicht aufraffen konnte, unheimlich viel Geld für
ein Mittagessen auf der Touristenmeile auszugeben.
Auf dem Rückweg noch an einer „roten Kirche“, deren Name mir
leider entfallen ist, vorbei, in die ich einfach mal aus Interesse reinschauen
wollte. Es stellte sich als eine Kunstausstellung (mit freiem Eintritt) heraus,
in der alte Marmor-Skulpturen gezeigt wurden. Einzig eine Kuratorin, die immermal plötzlich etwas vonwegen "This is Propaganda" zu singen begann verunsicherte mich ein wenig.
Flux die Friedrichstraße entlang am Checkpoint Charlie vorbei zum Halleschen Tor, bei Kaisers für gnadenlose 5€ eingekauft. Also so
richtig, genau, exakt 5€. Ein Schein hin, und gut. Kein ewiges Gewürche mit
Kleingeld, oder irgendwie. Da beneide ich schon die Skandinavier, die einfach Ein- und Zwei-Cent-Münzen wegrationalisiert haben. Das ganze dann im Victoria-Park
vertilgt, dort noch ein wenig gelesen und im Anschluss wieder in die WG, da der Sattel des guten alten Rades auf die Dauer doch ein wenig härter war als zu beginn angenommen..
So sitz ich nun hier, habe ein wenig die verdammt starke Musik-DVD von Fall of Efrafa genossen und dazu ein Bierchen geschlürft. Das Leben ist gut!
so long,
Lg
Thomas
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Fall of Efrafa - The Road - Last Gig, live
Darren Korb - Bastion OST